Malawisee


Der Malawisee, früher Njassasee genannt, befindet sich im südlichen Ende des Ostafrikanischen Grabenbruchsystem. Die Nord - Süd - Ausdehnung beträgt fast 600 km bei einer maximalen Breite von etwa 80 km. Seine Fläche wird mit nahezu 31.000 Quadratkilometern angegeben, die maximale Tiefe liegt bei über 700 Metern. Damit ist der Malawisee mach dem Viktoria- und Tanganjikasee der drittgrößte See Afrikas.

Drei Anreinerstaaten begrenzen dieses Binnenmeer. Den größten Anteil Küstenlinie weist Malawi auf. Fast die gesamte Westküste sowie ein Teil des südlichen bis mittleren Ostufers gehören zu diesem Staat, was ungefähr 800 km Küste entspricht. Mosambik grenzt an etwa 200 km der mittleren Ostküste. die Nordküste sowie ein vernachlässigbar kleiner Bereich der nördlichen Westküste auch heute noch Njassasee (engl. Lake Nyasa) genannt, was in der Sprache der Yao "großes Wasser" bedeuitet.


Der Malawisee ist ein wahrlich einmaliges Gewässer. Wenn man an den zum Teil weitläufigen Sandstränden ein Bad in der Brandung nimmt, ist man geradezu überrascht, daß das Wasser nicht salzig schmeckt. Neben den langen, flachen Sandstränden gibt es Überwiegend steinige und ffelsige Uferbereiche, an denen insbesondere die als "Mbunas" bekannten Felscichliden vorkommen. Weite Flußmündungen sowie sumpfige und mit Schilf bestandene Ufer runden das abwechslungsreiche Bild des Malawisees ab. Erwähnenswert sind hier weiterhin die gewaltigen Bergketten, die den See an der Nordwestküste (nördlich von Nkhata Bay) sowie vor allem an der Nordostküste mit dem Livingstone Gebirge förmlich einrahmen und so den Grabenbruch, durch den der Malawisee vor schätzungsweise 1-2 Millionen Jahren entstanden ist, eindrucksvoll Verdeutlichen.

Es besteht kein Zweifel darüber, daß die größte Besonderheit des Malawisees die Buntbarsche darstellen. Mittlerweile dürften wohl mehr als 600 Arten bekannt sein, viele davon sind aber wissenschaftlich noch unbeschrieben und werden unter sogenannten Arbeitsnamen und Handelsbezeichnungen geführt. Bis auf ganz wenige Ausnahmen leben alle Cichliden endemisch im Malawisee, d.h., sie kommen nur in diesem Gewässer vor und sonst nirgendwo auf der Welt.


Die Cichliden des Malawisees

Grundsätzlich lassen sich zwei große Gruppen von Malawisee-Cichliden unterscheiden: Mbunas und Nicht-Mbunas. Als Mbunas werden von den Einheimisehen die sogenannten Felsen-Cichliden bezeichnet. Hierunter versteht man eine in sich weitgehend geschlossene, d.h., gegenüber anderen Buntbarschen gut abgrenzbare, Einheit von Meinen bis mittelgroßen Cichliden, die mit wenigen Ausnahmen eine strikt felsorientierte Lebensweise besitzen. Die Nahrungsgrundlage der Mbunas bildet der Felsaufwuchs, der mit Hilfe unterschiedlicher Techniken abgeschabt, abgezupft oder durchkämmt wird. Dabei ist zu berücksichtigen, daß Felsaufwuchs, oder generell der auf Hart Substraten sich ansiedelnde Aufwuchs, zwar überwiegend aus Algen und Bakterien besteht, aber dennoch eine Vielzahl von Kleintieren enthält (z.B. Insektenlarven, Krebschen, kleine Würmer und Schnecken). Es liegtauf der Hand, daß der Aufwuchs insbesondere da gut gedeiht, wo viel Sonnenenergie zur Verfügung steht, also im flachen Wasser bis etwa 5 Meter Tiefe. Dies dürfte der Hauptgrund dafür sein, daß die meisten Mbunas im flachen Wasser vorkommen. Im extremen Flachwasser (bis etwa 1 m Tiefe) leben übrigens die besonders kräftigen bzw. durchsetzungsfähigsten Arten, die ihre Nahrungskonkurrenten in tiefere und damit nahrungsärmere Wasserbereiche abdrängen. Obwohl viele Arten spezielle Aufwuchs-Freßtechniken entwickelt haben, werden andere Nahrungsquellen, insbesondere wenn diese leicht verfügbar sind, keineswegs verschmäht. Bei entsprechendem Aufkommen von Plankton kann man die Mbunas in großen Gruppen im freien Wasser beim Fressen beobachten, für manche Arten stellt Plankton dann die Hauptnahrung dar.

Zur Zeit werden die Mbunas in 10 Gattungen eingeteilt: Cyathochromis, Cynotilapia, Genyochromis, Gephyrochrornis, Iodotropheusi Labeotropheus, Labidochromisi Melanochrornis, Petrotilapia und Pseudotropheus. Insgesamt dürften    es wohl fast 300 Arten sein, die mittlerweile bekannt sind. Bei einigen Populationen konnte bislang nicht eindeutig geklärt werden, ob es sich um geographische Rassen bereits bekannter Arten oder um neue eigenständige Arten handelt, so daß man zur Zeit keine exakte Artenzahl nennen kann. Die kleinsten Mbunas werden nur etwa 6-7 cm groß (Gesamtlänge). Die größten Mbunas sind die Vertreter der Gattung Petrotilapia, die im männlichen Geschlecht durchaus 18 cm Gesamtlänge erreichen können. Die Mehrheit der Mbunas liegt aber im Größenbereich von 9-11 cm

Die enge Bindung der Mbunas an felsige Untergründe führt dazu, daß die meisten Arten sehr standorttreu sind. Weiterhin ist von Bedeutung, daß selbst kleine, nur 20 Meter breite sandige Bereiche von vielen Mbunas nicht überschwornmen werden. Auf diese Weise existieren viele isolierte Populationen, die sich im Laufe der Zeit verschieden entwickelt und z. B. farblich unterschiedliche Standortvarianten gebildet haben. Letztlich führt dieser Prozeß zu neuen Arten.

Die zweite große Gruppe wird als Nicht-Mbunas bezeichnet. Diese Gruppe wurde bis 1989 als „Haplochromis" angesprochen, obwohl bereits seinerzeit auch andere Gattungen (z.B. Aulonocara, Aristochromis) zu dieser Gruppe gehörten. Die Malawisee-„ Haplochromis" wurden 1989 von Eccles und Trewavas taxonomisch bearbeitet, wobei eine Vielzahl neuer Gattungen aufgestellt wurde. Der Ausdruck „Haplochromis" entfiel dadurch, so daß heute der Begriff „Nicht-Mbunas" verwendet wird. Gegenwartig sind es 38 Gattungen, die die Gruppe der Nicht-Mbunas bilden.

Die Nicht-Mbunas sind generell nicht so stark felsorientiert und bewohnen fast jeden Lebensraum des Malawisees, darunter auch die weiten sandigen Zonen und das lichtarme Tiefwasser. Die Gesamtlängen der Nicht-Mbunas betragen etwa 10 bis 40 cm. Die meisten Arten werden aber nur ca. 15 cm groß. Entsprechend der weiten Verbreitung in verschiedensten Biotopen haben die Nicht-Mbunas fast jede Nahrungsquelle erschlossen. Angefangen von relativ unspezialisierten Alles- bzw. Kleintierfressern (Protornelas, Mylochromis, Otopharynx) lassen sich Planktonspezialisten (Copadichromis) Raubfische (Stigmatochromis, Rhamphochromis) sowie Extremformen wie z.B. Flossen- und Schuppenfresser (Corematodus, Docimodus) und natürlich zahlreiche Übergangsformen bezüglich der Ernährung nachweisen. Bemerkenswert ist auch, daß manche Arten ein geradezu skurilles Beutesuchverhalten entwickelt haben. Mylochromis labidodon dreht kleine Steine um und erbeutet die unter Steinen lebenden Kleintiere. Protornelas fenestratus bläst einen Wasserstrahl in das Sediment, um seine Beute freizulegen.

Analog zu den Mbunas leben alle Arten endemisch im Malawisee. Eine weitere Gemeinsamkeit besteht darin, daß alle Arten der beiden Gruppen Maulbrüter im weiblichen Geschlecht sind.

Abschließend ist anzumerken, daß es im Malawisee neben den Mbunas und Nicht-Mbunas eine Handvoll weiterer Buntbarsche gibt. Hierzu zählen Tilapia rendalli, der einzige substratbrütende Cichlide des Sees, Astatotilapia calliptera, Serranochromis robustus sowie einige Oreochromis-Arten. Die genannten Arten lassen sich nicht den Mbunas oder Nicht-Mbunas zurechnen, sondern weisen enge verwandtschaftliche Beziehungen zu flußbewohnenden Buntbarschen aus der Umgebung des Malawisees auf.

Lebensräume des Malawisees

Es ist völlig offensichtlich, daß in einem so riesigen Gewässer, wie es der Malawisee darstellt, eine Vielzahl von unterschiedlichsten Lebensräumen existiert. Der menschliche Hang zur Klassifizierung mag hier deshalb gekünstelt anmuten, gleichwohl dient die nachfolgende Einteilung in sieben Lebensraum-Typen, die bereits zu Beginn der 1960er veröffentlicht wurde, der besseren Übersicht. Dem Aquarianer erleichtert die Kenntnis der einzelnen Lebensräume die natumahe Einrichtung des Aquariums.

Wenn man aquaristische Reiseberichte vom Malawisee liest, so kann man den Eindruck gewinnen, die meisten Küsten dieses Sees bestünden aus steilen Felsufern. Zwar stammen die meisten Aquarienfische von felsigen Uferbereichen, doch der überwiegende Teil (ca. 70 %) der Küstenlinien wird von flach abfallenden Sandzonen gebildet. Mbunas wird man hier kaum antreffen, wohl aber verschiedene,, Sandcichliden" aus der Gruppe der Nicht-Mbunas. Insbesondere die Lethrinops-Artigen (Lethrinops, Taeniolethrinops und Tramitichromis) sowie auch zahlreiche Nyassachromis treten über Sandgrund in großer Anzahl auf. An manchen Stellen lassen sich sogenannte Laichkolonien beobachten, in denen sich Hunderte von Männchen, die um die Gunst der Weibchen werben, dicht an dicht mit ihren Revieren bzw. Laichburgen befinden. Tendenziell sind die meisten Sandbewohner weniger plakativ gefärbt als die Bewohner der Fels- und Übergangszonen.

Im optischen wie auch hinsichtlich der Artenzahl krassen Gegensatz stehen die Felsküsten, die die Haupt-Lebensräume der meisten für die Aquaristik gefangenen Arten darstellen. Gleichwohl, betrachtet man das flächenbezogene Ausmaß felsiger oder steiniger Bereiche im Malawisee, so nimmt dieser Lebensraum weniger als 5% der potentiell besiedelbaren Flächen ein. Fast alle Mbunas werden in den Felsbezirken angetroffen. Verschiedene Gattungen der Nicht-Mbunas sind gleichfalls hier verbreitet. Der Felsaufwuchs stellt für die meisten Cichliden die Nahrungsgrundlage dar.

Einen mitunter nur schwer abgrenzbaren Lebensraum stellt die so genannte Übergangszone dar (engl, intermediate zone). An vielen Stellen laufen Sand- und Steinbereiche ineinander über. Sowohl Felsaufwuchs als auch freiliegende Sedimentflächen mit bodenbewohnenden Kleintieren stehen zur Nahrungssuche zur Verfügung. Derartige Bereiche zählen zu den artenreichsten Biotopen, da sie als „Nahtstellen" der Sand- und Felszonen entsprechend vielen Arten einen geeigneten Lebensraum bieten. Eine miniaturisierte Übergangszone läßt sich leider nur in sehr großflächigen Aquarien nachgestalten, da sich die Malawisee-Cichliden, wenn sie sich erst einmal im Aquarium eingelebt haben, nicht so sehr an bestimmte Bereiche gebunden fühlen und dann alle Zonen im Aquarium wahllos besiedeln. Der nächste Stein als Rückzugsmöglichkeit ist ja nicht weit entfernt, so daß sich ein Mbuna ohne Hemmungen in die kleine Aquariensandzone wagen kann, um ein Nyassachromis.Männchen mal kurz von seinem Sandkrater zu verscheuchen.

Die verbleibenden vier Lebensräume sind für den Aquarianer nur von untergeordnetem Interesse. Beim Freiwasser ist zu unterscheiden zwischen dem ufernahen Freiwasser und dem eigentlichen Pelagial, dem uferfernen Freiwasser Letzteres wird strikt genommen nur von einer einzigen Art im Malawisee bewohnt, welche nicht zu den Cichliden, sondern zu den Sardellen zählt (Engraulicypris sardella, die Malawisee-Sardelle). Die sogenannten Utaka (Copadichromis) sind zwar Freiwasserbewohner, doch halten sich die Arten dieser Gattung stets im ufernahen Freiwasser auf. Die Nachahmung eines ufernahen Freiwassers für die Haltung von Copadichromis -Arten im Aquarium wäre simpel, wenn nicht die Dimensionen des betreffenden Lebensraums so gewaltig wären. Ein möglichst großes (hohes wie tiefes) Aquarium mit viel freiem Schwimmraum sowie einer felsigen Rückwand wäre ausreichend. Allerdings, die meisten der für die Aquaristik eingeführten Copadichromis lassen sich in den üblichen Aquarien problemlos dauerhaft pflegen und züchten.

Einen ganz besonderen Lebensraurn bildet die Tiefwasserzone. Hierunter versteht man üblicherweise den Tiefenbereich deutlich unterhalb von etwa 30 Metern Tiefe, der im Malawisee bis etwa 200-250 Meter reicht. Noch tiefer ist das Wasser mit giftigem Schwefelwasserstoff angereichert, so daß kein höheres Leben mehr bestehen kann. In der Tiefwasserzone leben vorzugsweise Vertreter der Gattungen Diplotaxodon, Alticorpus, Pallidochromis sowie manche große Rhamphochromis-Arten. Alticorpus-Arten sind übrigens noch in fast 160 Metern Tiefe gefangen worden. Für aquaristische Belange sind alle typischen Tiefwasserbewohner ohne Bedeutung.

Den letzten Lebensraum, der hier vorgestellt werden soll, bilden Flußmündungen sowie mit Röhricht und Schilf bestandene Ufer. In diesen Bereichen finden sich meist Arten, die auch in den Flüssen leben, die in den Malawisee münden (Tilapia, Astatotilapia, Serranochromis) aber durchaus auch Vertreter der Nicht-Mbunas. Von den Zierfisch -Exporteuren werden diese Uferabschnitte in der Regel gemieden, da sie meist unergiebig sind.

 

 

zum Seitenanfang